Gottesdienst, Sonderausstellung und Wanderungen zum Tag der Deutschen Einheit am Grenzmuseum Schifflersgrund

Das Grenzmuseum Schifflersgrund bietet am Tag der Deutschen Einheit, dem 3. Oktober 2023, an dem die Einrichtung zugleich ihr 32-jähriges Bestehen feiert, ein vielfältiges Programm an. Neben dem Außengelände mit den neuen Informationspulten am Grenzwanderweg und der Dauerausstellung kann die neue Sonderausstellung „Aufarbeitung. Die DDR in der Erinnerungskultur“ besichtigt werden, die zusätzlich zu den 20 Plakaten über eine Ergänzungstafel zur Geschichte des Grenzmuseums Schifflersgrund verfügt. Um 15.00 Uhr findet in der Veranstaltungshalle der traditionelle ökumenische Gottesdienst mit evangelischen und katholischen Geistlichen, dem Kirchenchor wie auch dem Posaunenchor der St. Crucius-Kirchengemeinde aus Bad Sooden-Allendorf statt.

Außerdem werden in Kooperation mit der Stiftung Naturschutz Thüringen rund um das Grenzmuseum Schifflersgrund zwei geführte Wanderungen am 3. Oktober angeboten. Mit Gebietsbetreuer Stefan Sander kann das Grüne Band zwischen Sickenberg und Asbach erkundet werden. Start der rund elf Kilometer langen Tour, die am Grenzmuseum beginnt und endet, ist um 10.00 Uhr. Anmeldungen sind telefonisch unter 0174/1614664 oder per Mail an (Mailadresse bitte erfragen) möglich. Zudem führt eine Wanderung entlang der ehemaligen Grenze von Lindewerra zum Grenzmuseum Schifflersgrund. Beginn ist ebenfalls um 10.00 Uhr. Interessierte können sich bei Gerhard Propf unter 0172/2404473 oder per Mail an (Mailadresse bitte erfragen) anmelden. Die Teilnahme an beiden Wanderungen ist kostenfrei.

Neue Sonderausstellung zum Umgang mit der DDR-Geschichte am Grenzmuseum Schifflersgrund

Das Grenzmuseum Schifflersgrund präsentiert ab sofort die Sonderausstellung „Aufarbeitung. Die DDR in der Erinnerungskultur”, die anhand von kurzen Texten und prägnanten Fotos vom Umgang mit der Geschichte der SED-Diktatur und der staatlichen Teilung seit dem Ende der DDR erzählt. Ergänzt wird die 20 Plakate umfassende Schau durch eine Informationstafel zur Geschichte des Grenzmuseums Schifflersgrund.

Seit ihrem Ende wird die DDR akribisch archiviert, in unzähligen Büchern analysiert, in Ausstellungen musealisiert, auf Podien diskutiert, in Filmen und Theaterstücken neu inszeniert, in Lehrpläne integriert und bei Familienfeiern immer wieder aufs Neue referiert. All dies ist Teil der Aufarbeitung der SED-Diktatur, die bis heute nicht abgeschlossen ist. In den ersten Jahren nach der Wiedervereinigung war die Vergangenheit der deutschen Teilung allgegenwärtig. Bis dahin streng geheime Archive wurden herangezogen, um erlittenes Leid zu dokumentieren, Schuld oder Unschuld zu beweisen, die eigene Politik zu legitimieren oder den politischen Gegner zu diskreditieren. Damals wurden Worte neu gebildet oder geprägt, die bis heute Emotionen wecken, wie etwa Evaluation und Abwicklung, Rehabilitierung und Restitution, gaucken, Treuhand, Wendehals, Seilschaft, Jammerossi oder Besserwessi. Geschichte konnte Freud und Leid zugleich bedeuten, etwa wenn ein Wohnhaus oder ein Gartengrundstück wieder den ehemaligen Eigentümern zugesprochen wurde, die von der SED in den Westen vertrieben worden waren. In den 1990er Jahren wurden in Ostdeutschland unzählige Straßen umbenannt. Die meisten Denkmäler und Kunstwerke, die an den untergegangenen Staatssozialismus erinnerten, wurden aus dem öffentlichen Raum entfernt. Während eine wachsende Zahl von Gedenkstätten und -zeichen, Straßen und Plätzen an Opposition und Widerstand sowie an die Opfer der Diktatur erinnert, zieren die Symbole der DDR bis heute so manche Datsche, werden trotzig auf Demonstrationen gezeigt oder zur Verkaufsförderung auf Lebensmittelkonserven gedruckt. Über den Ort der DDR in der Geschichte von Demokratie und Diktatur in Deutschland wird nach wie vor gestritten. Erst langsam entwickelt sich ein Bewusstsein dafür, dass die vergangene Zeit der Zweistaatlichkeit die gemeinsame Geschichte aller in Deutschland lebenden Menschen ist.

Fahrzeug mit bewegender Geschichte – Historischer Radlader kehrt nach Restaurierung zurück in das Grenzmuseum Schifflersgrund

Bildbeschreibung: Der Vorsitzende des Trägervereins Wolfgang Ruske, Mitarbeiterin Anne Vaupel-Meier,
Leiter Dr. Christian Stöber und der Vorstandsvorsitzende der Kreissparkasse Eichsfeld Steffen-Peter Horn
vor dem restaurierten Radlader im Grenzmuseum Schifflersgrund | Foto: Madlen Beckmann,

Der historische Radlader, den Heinz-Josef Große bei seinem tödlichen
Fluchtversuch nutzte, steht wieder im Grenzmuseum Schifflersgrund. Zuvor befand er sich rund ein
halbes Jahr nahe Berlin beim Diplom-Restaurator Dirk Voigtländer, der bereits zahlreiche Fahrzeuge
für das Deutsche Historische Museum, das Deutsche Technikmuseum oder auch das
Militärhistorische Museum Dresden restauriert hat. Nach jahrelanger Außenpräsentation und
mehrfacher Überlackierung fand eine grundlegende Restauration und Konservierung statt. Neben
der grundhaften Entfernung von Betriebsstoffen und Verschmutzungen sowie dem Austausch
fahrzeugfremder oder zerschlissener Bauteile erfolgte die Behebung von Korrosionsschäden und die
Rekonstruktion der ursprünglichen Farbgebung, um so weit wie möglich den historisch authentischen
Zustand des Jahres 1982 wiederherzustellen. Dazu wurden im Vorfeld historische Akten und Fotos
gesichtet, Zeitzeugen befragt und behutsam Farbschichten freigelegt. Mehrere sogenannte
Farbtreppen und andere historische Spuren sind sichtbar, um Besuchern die außergewöhnliche
Geschichte des Radladers vermitteln zu können.

Am 29. März 1982 versuchte Heinz-Josef Große mit dem Radlader über die innerdeutsche Grenze im
Schifflersgrund aus der DDR zu flüchten. Große, ein 34-jähriger Bauarbeiter aus der
Eichsfeldgemeinde Thalwenden, nahm seit einigen Wochen an baulichen Vorbereitungen zur
Errichtung des Beobachtungsturms teil. Bei den Bauarbeiten wurde Große ständig von Grenzsoldaten
begleitet. Als die beiden Soldaten sich kurzzeitig von ihm entfernten, fuhr Große mit dem Radlader
an den Streckmetallzaun heran. Er hob die Schaufel bis auf Zaunhöhe und kletterte hinauf, um den
Zaun mit den angebrachten Selbstschussanlagen zu überwinden. Nach dem Sprung und der Landung
hinter dem Zaun versuchte Große den Hang in Richtung Westdeutschland zu erklimmen. Jedoch

Leseland DDR – Sonderausstellung mit Leseecke

20 Ausstellungstafeln mit Texten, Bildern und Videos laden ab sofort am Grenzmuseum Schifflersgrund zu einer anschaulichen Zeitreise durch das Leseland DDR ein. Ein Land, dessen Obrigkeit an die Macht des geschriebenen Wortes glaubte und es zugleich fürchtete. Wo das Lesen und Schreiben mit großem Aufwand gefördert wurde, während politisch unerwünschte Literatur in Bibliotheken nur mit einem Giftschein zugänglich war und Post und Reisende aus dem Westen nach Gedrucktem gefilzt wurden.

Leseland DDR erzählt vom Eigensinn der Menschen, die sich ihre Lektüre nicht vorschreiben lassen wollten, die für rare Bücher Schlange standen und auf der Leipziger Buchmesse so manchen begehrten Titel westdeutscher Verlage heimlich in die Tasche steckten. Die Tafeln der Ausstellung führen aber auch in die Welt der Krimis, Märchen und Science-Fiction ein, sie berichten von der Literatur aus der Sowjetunion, den schreibenden Arbeitern des sozialistischen Realismus und sie lassen in alte Kochbücher blicken. Die Schau wirft Schlaglichter auf die grenzüberschreitende Kraft, die die deutsch-deutschen Schriftstellerkontakte, das Radio und Fernsehen aber auch die Bücher entfalteten, die Weltreisen über die Mauern des Landes hinweg ermöglichten. Mit den Schriftstellern in der Friedlichen Revolution und der DDR als Thema in der Gegenwartsliteratur endet die Zeitreise. Leseland DDR ist ein Beitrag zur Kulturgeschichte der SED-Diktatur. Die Ausstellung ist zugleich eine Anregung für Jung und Alt, beim Besuch die alten Bücher aufzuschlagen, um die Geschichte der DDR im Spiegel ihrer Literatur (neu) zu erkunden. So ergänzt eine Leseecke mit rund 30 Büchern aus der DDR die Ausstellung im Grenzmuseum Schifflersgrund. Bücher, die persönliche Erinnerungen wecken oder erstmals in das Leseland DDR eintauchen lassen. Herausgeber der Schau ist die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, die Texte stammen vom renommierten Historiker und Publizisten Stefan Wolle.

Die Sonderausstellung mit der Leseecke kann zu den regulären Öffnungszeiten des Grenzmuseums Schifflersgrund täglich von 10.00 Uhr bis 17.00 Uhr besichtigt werden. Herzliche Einladung!